Die Neutronenstrahlung ist ebenfalls eine aus dem Atomkern emittierte Teil-chenstrahlung. Neutronen entstehen nicht nur bei der spontanen Kernspaltung in der Natur und der künstlichen Kernspaltung im Reaktor, sondern auch im verbrauchten Uranbrennstoff und dessen hochradioaktiven Wiederaufarbeitungsprodukten. Im letztgenannten Fall wird die Neutronenemission ausgelöst durch spontane Kernspaltungen und durch die Einwirkung von Alphateilchen auf Atomkerne.
Die Gammastrahlung (?-Strahlung) ist eine elektromagnetische Wellenstrahlung. Sie entsteht, wenn ein angeregter Atomkern in einen energetisch tieferen Zustand oder in sei-nen Grundzustand übergeht. Die Gammastrahlung tritt vielfach als Begleitstrahlung beim Al-pha- und Betazerfall auf.
Gammastrahlung kann auch allein auftreten, und zwar bei den Isomeren. Isomere Kerne ha-ben die gleiche Anzahl von Protonen und dieselbe Massenzahl, sie besitzen aber eine unter-schiedliche Energie und Stabilität. Über ihrem Grundzustand existiert ein metastabiler Ener-giezustand, welcher durch die Emission von Gammastrahlung in den Grundzustand übergeht. Sind die Kerne auch im Grundzustand instabil, können stabilisierende Übergänge durch Teil-chenemission (meist Betazerfall) sowohl vom metastabilen Energiezustand als auch vom Grundzustand aus erfolgen. Die Lebensdauer desselben Nuklids ist dann durch zwei verschie-dene Halbwertszeiten gekennzeichnet.
Die Energiebereiche der Gammastrahlung und der nachfolgend besprochenen Röntgenstrah-lung überschneiden sich. Gammastrahlen treten vorwiegend im Energiebereich zwischen 0,001 und 10 MeV auf (gemeint sind Größenordnungen. Wichtige Anwendungsgebiete der Röntgenstrahlung liegen im Bereich etwa zwischen 0,01 und 1 MeV.
Die Röntgenstrahlung ist eine elektromagnetische Wellenstrahlung. Im speziel-len Fall der Umwandlung eines Atomkerns durch Übergang eines Elektrons aus einer der in-neren Schalen der Atomhülle in den Atomkern (Elektroneneinfang) entsteht Röntgenstrahlung als Begleitstrahlung. Da vom Atomkern bevorzugt ein Elektron aus der K-Schale eingefangen wird, spricht man auch von einem K-Einfang.
Dabei nimmt, wie bei der Emission von Proto-nen, bei gleichbleibender Massenzahl die Protonenzahl des Atomkerns um 1 ab. Es wird so-mit ein Tochternuklid gebildet, dessen Ordnungszahl im Periodensystem der Elemente um 1 niedriger ist gegenüber dem Mutternuklid. Der beim Überwechseln in den Atomkern freige-wordene Platz im inneren Teil der Atomhülle wird mit öeinem Elektron aus einem weiter au-ßen liegenden Teil der Atomhülle aufgefüllt. Bei diesem Vorgang emittiert das Zerfallsnuklid aus der Atomhülle eine charakteristische Röntgenstrahlung. Radionuklide mit diesen Eigen-schaften bezeichnet man als K-Strahler.
Die unterschiedlichen Eigenschaften der Alpha- und Betastrahlung einerseits sowie der Gamma- und Röntgenstrahlung andererseits werden durch ihr Verhalten im Magnetfeld deut-lich.
Herkunft radioaktiver Abfälle
Die Diskussionen über die Deponie radioaktiver Abfälle beschäftigen sich vorwiegend mit den im verbrauchten Kernbrennstoff enthaltenen Radionuklidmengen und deren Trennung in Wiederaufarbeitungsanlagen. Es gibt aber auch andere Bereiche, wie beispielsweise in der Medizin und Forschung, wo mit Radionukliden gearbeitet wird und dabei mit rakioaktiven Stoffen verunreinigte (kontaminierte) Abfälle entstehen. Obgleich das Aktivitätsinventar der letzgenannten Abfälle um viele Größenordnungen niedriger ist als das der Kernbrennstoff-Abfälle, müssen auch sie längerfristig außerhalb der Biosphäre gelagert werden.
Kernreaktoren
Die mit Reaktoren verbundenen Abfallprobleme beginnen nicht erst bei der Inbetriebnahme der Anlagen, sondern bereits bei der Rohstoffgewinnung für die Herstellung der Kernbrenn-stoffs. Das Problem ist die Lagerung von zerkleinerten Gesteins- und Erzrückständen aus der Urangewinnung und dessen Aufbereitung.
Die wirtschaftlich nutzbaren Uranerze enthalten normalerweise nur wenige Zehntelprozent Uran. Daher müssen große Gesteins- bzw. Erzmengen im Untertage- oder Übertagebergbau gewonnen werden, um daraus das zur Herstellung von Kernbrennstoffen benötigte Uran ab-trennen zu können. Die bei der Gewinnung und Aufbereitung von Uranerzen anfallenden Rückstände der nehmen durch ihren Porenraum ein größeres Volumen ein als das ursprüng-lich kompakte Gestein bzw. Erz. In diesen Rückständen bleiben auch nach der Abtrennung der Uranminerale noch geringe Mengen an radioaktiven Stoffen zurück. Durch die Lagerung des beim Bergbau anfallenden „Abraums“ sowie vor allem der Aufbereitungsrückstände an der Erdoberfläche gelangen radioaktive Stoffe in den Wirkungsbereich von Verwitterungs-prozessen, nachdem sie seit ihrer Entstehung in den Gesteinen des Untergrundes fixiert und über Jahrmillionen von der Biosphäre isoliert waren. Begünstigt durch die große Oberfläche der zerkleinerten Gesteinspartikel können Verwitterungsvorgänge und bakterielle Prozesse Elemente bzw. Radionuklide mobilisieren, welche sich dann im Boden sowie in der Luft ver-teilen.
Das an Uran-235 angereicherte Uran wird als Urandioxid in 1 cm dicke Tabletten gepreßt und in Brennstäben übereinandergeschichtet. Die Hüllen dieser Brennstäbe bestehen in der Regel aus einer Legierung auf der Basis von Zirkonium und Zinn.
Die in einem 1300 MW-Druckwasserreaktor der Kraftwerk Union Verwendung findenden Brennstäbe haben einen Außendurchmesser von 1,075 cm und eine Länge von 440,7 cm. 236 dieser Brennstäbe werden in quadratischer Gitteranordnung zu einem Bündel zusammenge-faßt, dem Brennelement. Ein brennelement hat eine Länge von 492,5 cm und eine Kantenlän-ge von 23 cm. 193 von diesen Brennelementen mit einer Uranmenge von insgesamt 103,5 t sind in einem Druckwasserreaktor installiert. Das sind pro Brennelement 0,54 t Uran mit ei-nem Anteil von 3,2 % Uran-235. Diese Angaben können variieren je nach Leistungsklasse des Druckwasserreaktors. Sie sind auch abweichend für Siedewasserreaktoren..
Beim Betrieb eines Kernkraftwerkes entstehen zunächst einmal radioaktive Abfälle bei der Abluft- und Wasserreinigung in Form von kontaminierten Filtern, Ionenaustauscherharzen und anderen Stoffen.
Am problematischsten sind jedoch die im Kernbrennstoff entstehenden hochradioaktiven Ra-dionuklidmengen. Wenn die Brennelemente wieder aus dem Reaktor genommen werden, be-steht der verbrauchte Brennstoff aus einer „konzentrierten“ Anhäufung von Radionukliden. Aus diesem Grund werden einem wassergekühlten Brennelementbecken gelagert. Erst nach der Abklingzeit (Kühlzeit) können die Brennelemente aus dem Reaktorsicherheitsbehälter in gesonderte Zwischenlager oder direkt in Wiederaufarbeitungsanlagen transportiert werden.
Ein gesondertes Kapitel ist die Wiederaufarbeitung des abgebrannten Kernbrennstoffs. Hier-bei entstehen größere Mengen an festen, flüssigen und flüchtigen (gasförmigen) radioaktiven Abfallprodukten der Abfallkategorien schwach-, mittel- und hochradioaktiv. Besondere End-lagerprobleme ergeben sich vor allem bei den hochradioaktiven Stoffen durch ihre Radionu-klizusammensetzung und Wärmeentwicklung. Das gilt in gleicher Weise für die Daponie von hochradioaktiven Wiederaufarbeitungsabfällen oder der direkten Endlagerung der Brennele-mente.
Die Rückführung der bei der Kernenergieerzeugung entstehenden radioaktiven Abfälle in die Erdkruste ist die letzte Etappe der Kernbrennstoffnutzung.
Reaktoren werden für eine Betriebsdauer von 40 Jahren konstruiert. Dann müssen sie stillge-legt und die radioaktiven Bauteile ebenfalls in ein Endlager überführt werden. Vor allem die durch Aktivierungsprozesse entstandenen Radionuklide wie Kobalt-58, Kobalt-60, Chrom-51, Mangan-54 und Eisen-59 liefern den Hauptanteil an Radioaktivität der Reaktorbauteile. In den ersten 25 Jahren nach der Abschaltung des Reaktors klingt die Radioaktivität der Reak-torbauteile auf etwa 10 % und nach 40 Jahren auf etwa 5 % des Anfangswertes ab. Es wird in Erwägung gezogen, solche Reaktorbauteile in geeigneter Verpackung lagern.
Techniken zur Einlagerung
radioaktiver Abfälle
Gräben an der Erdoberfläche
Schwachradioaktive Abfälle wurden verschiedentlich in oberflächennahen Gräben deponiert. Mehrere Meter tiefe und breite Gräben wurden mit Beton bzw. Bitumen ausgekleidet, die Stahl- oder Betonbehälter mit den radioaktiven Abfällen darin gelagert und das Ganze nach oben mit Lehm abgedeckt.
Die Praxis hat gezeigt, daß die Deponie radioaktiver Abfälle in Gräben offensichtlich keine zuverlässig wirksame Isolierung gewährleistet. Die Lehmbedeckung schützt auf die Dauer nicht gegen das Eindringen von Wasser, und die Behälter waren nicht durchweg widerstands-fähig gegen Korrosion. Dadurch können Radionuklide aus den Behältern in die Umgebung des Lagerortes gelangen. Vor allem Tritium migrierte über Entfernungen von einigen Metern bis zu siebenhundert Metern.
Tiefbohrlöcher
Das Konzept sieht vor, in Silikatgesteinskörpern 3 000-4 000 m tiefe Bohrlöcher niederzu-bringen und darin Container mit hochradioaktiven Abfällen zu deponieren.
Für die Herstellung eines weitmaschigen Netzes von Tiefbohrlöchern würden petrographisch einheitlich zusammengesetzte Gesteinskörper geeigner sein, deren Lokalitäten in Landesteilen mit geringer Bevölkerungsdichte und wenig biologischer Aktivität liegen und welche ohne Wert für die Wasser- und Rohstoffversorgung sind. Tierbohrlöcher hätten den Vorteil, daß jeweils nur während weniger Jahre eine Tätigkeit am Bohrloch stattfindet. Nach der Einlage-rung der radioaktiven Abfälle wird das bohrloch wieder verschlossen. Je nach Bedarf können neue Bohrlöcher hergestellt werden.
Wichtig ist die zuverlässige Abdichtung der Tiefbohlöcher gegen die Erdoberfläche. Von über Tage in Salzschichten niedergebrachte Bohrlöcher sollen beispielsweise mit Zement, Salzgrus und Asphalt versiegelt werden.
Die Frage ist, mit welchem Kostenaufwand die Tiefbohrlochtechnik praktiziert werden könn-te. Die Endlagerung würde sicherlich auf die hochradioaktiven Abfälle begrenzt werden müs-sen, da die Kosten für eine Deponie schwach- und mittelradioaktiver Abfälle in Tiefbohrlö-chern zweifellos nicht mehr aufgebracht werden können.
Kavernen
Als Kavernen bezeichnet man einzelne große Hohlräume in Gesteinskörpern. Besonders in Schweden und in der Schweiz wird die Kavernentechnik zur Einlagerung fester radioaktiver Abfälle in Erwägung gezogen.
Eine Variante der Kavernentechnik besteht darin, das den Hohlraum umgebende Silikatge-stein mit den hochradioaktiven Stoffen zu verschmelzen. In einem Gesteinskörper wird in mindestens 1000 m Tiefe ein Hohlraum geschaffen, zum Beispiel durch eine unterirdische Sprengung. In diesen Hohlraum werden durch ein Bohrloch hochradioaktive Lösungen ein-geleitet. Die Wärmeproduktion dieser Lösungen ist so stark, daß in der Kaverne Wasser ver-dampft und ein granitisches Gestein zu schmelzen beginnt. Der durch die Bohrung nach über Tage entweichende Wasserdampf wird wieder kondensiert und zur Kühlung der Kaverne in dieselbe zurückgeleitet. Wenn nach mehreren Jahrzehnten die Wärmeproduktion nachläßt, verfestigt sich die Gesteinsschmelze unter gleichzeitiger Fixierung der Radionuklide. Dieses Verfahren muß aber als sehr risikoreich angesehen werden. Radionuklide können sich währe-rend der hydrothermale Phase über Kluftzonen unkontrollierbar im Gesteinskörper ausbreiten nd von dort in die Biosphäre gelangen. Aus Untersuchungen an hydrothermalen Erzlagerstät-ten wissen wir, wie Lösungen bei Temperaturenn über 100 °C ein Silikatgestein zersetzen und mit verschiedenen Stoffen (Mineralen) durchsetzen können.
Bergwerke
Seit Jahrtausenden betreiben die Menschen über Tage und unter Tage Bergbau zur Gewin-nung von Metallen, Rohstoffen und Edelsteinen. Diese Tätigkeiten sind mit der Schaffung von Hohlräumen in Gesteinsschichten verbunden. In solchen unterirdischen Hohlräumen las-sen sich prinzipiell auch Gegenstände und Substanzen deponieren. Daher ist es naheliegend, an eine Lagerung radioaktiver Abfälle in Bergwerken zu denken.
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