Frankreich
Frankreich
Fläche: 543)965 km2
Einwohner: 57,182 Mio.
Hauptstadt: Paris
Amtssprache: Französisch
Nationalfeiertag: 14.)7.
Währung: 1)Frz. Franc (FF))= 100 Centimes (c)
Zeitzone: MEZ
Frŕnkreich (französisch France), Staat in Europa, grenzt im W an den Atlantik, im NW an den Ärmelkanal, im NO an Belgien und Luxemburg, im O an Deutschland, die Schweiz und Italien, im S an das Mittelmeer, Spanien und Andorra. Zu F. gehört die Insel Korsika.
Staat und Recht:
Republik (Vereinigung repräsentativer [Parlament] mit plebiszitären Elementen [Referendum] und Verknüpfung des parlamentar. mit dem präsidentiellen Prinzip); Verfassung) vom 4. 10. 1958 (zuletzt 1996 geändert). Staatsoberhaupt ist der vom Volk direkt für 7)Jahre gewählte Staats-Präs.; er ernennt und entl'e4sst den Premier-Min. und auf dessen Vorschlag die übrigen Mgl. der Regierung; er führt den Vorsitz im Min.-Rat, kann bestimmte Gesetzesvorlagen oder die Ratifizierung eines Vertrages einer Volksabstimmung unterziehen und die Nationalversammlung auflösen; er kann in bestimmten Fällen ohne Befragen des Parlaments, nach Konsultation des Premier-Min. und der Präs. von Nationalversammlung, Senat und Verfassungsrat, Notmaßnahmen anordnen. Die Exekutive liegt bei der Regierung mit dem Premier-Min. an der Spitze; sie ist der Nat.versammlung verantwortlich und von ihrem Vertrauen abhängig. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament (Nationalversammlung mit 577 auf 5)Jahre direkt gewählten Abg. und Senat mit 321 für 9)Jahre indirekt gewählten Mgl.). Die wichtigsten in der Nationalversammlung vertretenen Parteien sind (nach den Wahlen von 1993) die ›Union pour la France‹ (UPF; bestehend aus der gaullist. ›Sammlungsbewegung für die Republik‹ [Rassemblement pour la République, RPR] und der liberalen ›Union für die Frz. Demokratie‹ [Union pour la Démocratie Française, UDF], einem Zusammenschluss mehrerer Parteien), die Sozialist. Partei (Parti Socialiste, PS) sowie die Kommunist. Partei Frankreichs (PCF); die Umweltparteien und die rechtsextreme Nationale Front (Front National, FN) verfehlten den Einzug in die Nationalversammlung. Streitkräfte: allg. Wehrpflicht (Übergang zu einer Berufsarmee ab 1997 geplant); Gesamtstärke (einschließlich der strateg. Atomstreitmacht [›Force de frappe‹]): rd. 457)600 Mann. Siehe auch die Tabelle Frankreich: Verwaltungsgliederung.
Landesnatur :
Kernraum ist das Schichtstufenland des Pariser Beckens, das sich zw.
Ardennen und Vogesen im O, dem Zentralmassiv im S und dem armorikan. Massiv im W erstreckt. Östlich der Vogesen hat F. Anteil am Oberrhein. Tiefland. Über die Schwelle von Poitou steht das Pariser Becken mit dem Aquitanischen Becken im SW in Verbindung. Den Abschluss nach S bildet der Pyrenäenhauptkamm. Der Mittelmeerküstensaum ist schmal und wird von N durch die Rhone-Saône-Furche, einer Grabenzone zw. Zentralmassiv und Westalpen, erreicht. Im O hat F. Anteil am Jura und den Westalpen, die in der Montblancgruppe mit 4)807)m den höchsten Punkt des Landes erreichen. F. hat Anteil am Klima der gemäßigten Breiten und im äußersten S am mediterranen Klimabereich. Während in N- und Mittel-F. Laub- und Nadelwälder vorherrschen, wird im S das Landschaftsbild von Macchien und Gariguen geprägt. In der Bretagne finden sich Atlantische Heiden. Bevölkerung :
70)% der Bevölkerung sind nach ihrer sprachl. Herkunft Franzosen; außer Französisch wird Katalanisch, Baskisch, Bretonisch, Flämisch, Italienisch und Deutsch gesprochen, die provenzal. (okzitan.) Sprache im Gebiet der Langue d'Oc ist in ihrer Substanz bedroht. Trotz zahlr. Einbürgerungen sind etwa 7)% der Bevölkerung Ausländer. 80)% der Bevölkerung sind katholisch. Wirtschaft, Verkehr :
Nach 1945 vollzog sich in der bis dahin agrarisch-kleinindustriell geprägten frz. Wirtschaft ein allmähl. Prozeß der Industrialisierung und Modernisierung (bes. gegenüber der BR Deutschland) unter den Bedingungen einer 1946 eingeführten korporatistisch organisierten gesamtwirtschaftl. Rahmenplanung (›planification‹) und unter der Verstaatlichung von Schlüsselsektoren; die Öffnung der weitgehend geschlossenen frz. Wirtschaft erfolgte ansatzweise seit den 1970er Jahren. Die Landwirtschaft erreicht eine führende Stellung in Europa; erzeugt werden v.)a. Getreide, Zucker, Molkereiprodukte, Wein und Fleisch. An Bodenschätzen werden Eisenerz und Steinkohle (v.)a. in Lothringen), Uranerz, Kalisalz, Schwefel und Erdöl gewonnen. Führende Ind.-Zweige sind die Automobil- und Flugzeug-Ind., Hütten-Ind., Schiffbau, chem. und kosmet. sowie die Textilindustrie; die industriellen Ballungsgebiete liegen überwiegend nö. einer Linie Caen–Marseille. F. ist der weltgrößte Erzeuger von Kernkraft je Einwohner. F. ist ein klassisches Fremdenverkehrsland (1991: 52 Mio. Touristen). Die Länge des Eisenbahnnetzes beträgt 34)676 km, das der Straßen 804)650 km. Die bedeutendsten Häfen sind Marseille (Erdölhafen mit Pipelines), Le Havre, Dünkirchen, Saint-Nazaire, Bordeaux und Rouen. F. verfügt u.)a. über drei internat.
ˇ in Paris.
Geschichte :
Karolingische Anfänge (843–987): Mit dem Vertrag von Verdun 843 wurde die Selbständigkeit des Westfränk. Reiches (Fränkisches Reich) eingeleitet. 911 mußte den Normannen die Normandie als Lehnsfürstentum überlassen werden. Im Zusammenhang mit dem Abwehrkampf gegen diese entwickelten sich bis zur Mitte des 10. Jh. die großen selbständigen Lehnsfürstentümer, wodurch die Machtbasis des Königtums außerordentlich eingeschränkt und mit der Wahl nichtkaroling. Könige in Frage gestellt wurde.
Königtum und Lehnsfürstentümer (987–1214): Hugo Capet («)987–996) setzte mit der sofortigen Wahl seines Sohnes die Erblichkeit des frz. Königtums durch. Vor dem Hintergrund einer beispielhaften kulturellen, sozialen und wirtschaftl. Entwicklung vollzog sich dann v.)a. im Bund mit den Päpsten der Aufstieg des kapeting. Königtums, dem es gelang, die partikularen Feudalgewalten allmählich auszuschalten. Nachdem 1154 das Haus Anjou-Plantagenet durch Heirat und Erbschaft mehr als die Hälfte von F. mit England vereinigt hatte, konnte Philipp)II. August («)1180–1223) 1202 dem engl. König Johann ohne Land alle frz. Lehen entreißen und in dem darauffolgenden Krieg zunächst die Normandie und die Loire-Gft. zurückgewinnen.
Französische Vormachtstellung (1214–1461): Auf der Grundlage der Bemühungen Ludwigs)IX., des Heiligen («)1226–70), um innere Einheit und die Schaffung zentraler Behörden erfolgte die Begründung der frz. Vormachtstellung in Europa unter Philipp)IV., dem Schönen («)1285–1314). Im Konflikt mit Papst Bonifatius)VIII. konnte sich Philipp letztlich durchsetzen. Durch die erzwungene Übersiedlung nach Avignon (1309) geriet das Papsttum für nahezu ein Jh. unter frz. Einfluss. Als die Kapetinger in männl. Linie ausstarben, fiel die Krone an Philipp VI. («)1328–50) aus dem Hause Valois. Der hiergegen erhobene Anspruch König Eduards III. («)1327–77) von England wurde Anlaß für den Hundertjährigen Krieg (1337/39–1453), der ausschließlich in F. ausgetragen wurde und dort zeitweise zum Bürgerkrieg eskalierte. 1360 mußte F. große Gebiete im SW und Calais abtreten. Nachdem durch die Eroberung von ganz F. nördlich der Loire die engl. Macht in F. den Höhepunkt erreicht hatte, brachte Jeanne d'Arc bei der Belagerung von Orléans (1429) die Wende des Kriegs; er endete ohne förml. Friedensvertrag 1453, jedoch mit der fast völligen Vertreibung der Engländer. Im Innern ordnete Karl VII. («)1422–61) Finanzen, Justiz, Heerwesen und Verwaltung neu; 1438 begründete er die frz. Nationalkirche (Pragmat.
Sanktion von Bourges).
Renaissancekönigtum und religiös-politische Krise (1461–1589): Ludwig XI. («)1461–83) gelangte 1475 zu einer endgültigen Friedensregelung mit England. Nach dem Tod Karls des Kühnen von Burgund (1477) wurden die frz. Lehen des Herzogtums Burgund eingezogen. Mit der 1492 einsetzenden Erwerbspolitik (Neapel) Karls VIII. («)1483–98) beteiligte sich F. an den europ. Machtkämpfen in Italien. Ludwig XII. («)1498–1515) eroberte 1499 das Hzgt. Mailand; sein Nachfolger Franz I. («)1515–47) bewarb sich 1519 vergeblich um die dt. Krone; in insgesamt fünf Kriegen gegen die span.-habsburg. Übermacht Kaiser Karls V. konnten er und Heinrich II. («)1547–59) nur den Besitzstand F. wahren. Nach 1540 gewann der Kalvinismus in F. zunehmend an Einfluss. An der Spitze der Reformierten oder Hugenotten standen Mgl. des Hauses Bourbon (Condé). Die kath. Partei wurde von Angehörigen der Familie Guise geleitet. Der blutige Überfall auf die Hugenotten im März 1562 löste die religiösen Bürgerkriege aus. Zwar zeigte sich Karl)IX. («)1560–74) bereit, sich dem Führer der Hugenotten, G.)de Coligny, anzuschließen, das Blutbad der Bartholomäusnacht (Nacht zum 24. 8.) 1572 machte diese Absicht jedoch zunichte; die folgenden acht Hugenottenkriege dauerten bis 1598.
Aufstieg im Zeichen des Absolutismus (1589–1715): Nach der Ermordung Heinrichs)III. («)1574 bis 1589), des letzten Valois, kam mit Heinrich IV. («)1589–1610) das Haus Bourbon (1589–1792) auf den frz. Thron. Die religiösen Gegensätze in F. wurden mit dem Edikt von Nantes (1598) überbrückt, das den Hugenotten Sonderrechte gewährte. Der unter Heinrich IV. begonnene absolutist. Ausbau der Königsmacht wurde 1624 von Kardinal Richelieu als leitendem Min. Ludwigs XIII. («)1610–43) fortgeführt; die polit. Sonderstellung der Hugenotten wurde 1628 beseitigt. Richelieus Nachfolger unter Ludwig XIV. («)1643–1715), Kardinal Mazarin (1643–61), gewann im Westfäl. Frieden 1648 für F. die habsburg. Gebiete im Elsaß, im Pyrenäenfrieden 1659 Roussillon und Artois von Spanien. Nach Mazarins Tod führte Ludwig)XIV. die absolute Monarchie zur Vollendung. Sein zunächst einflußreichster Min. Colbert (1661 bis 1672) mobilisierte nach den Maximen des Merkantilismus die Finanz- und Wirtschaftspolitik und förderte u.)a. den Ausbau des Kolonialreiches in Kanada, Louisiana und Westindien. Im Kampf um die europ. Hegemonie führte Ludwig)XIV., der ›Sonnenkönig‹, in Erweiterung der frz. N- und O-Grenzen Eroberungskriege, doch zerbrachen im Span. Erbfolgekrieg (1701–13/14) frz.
Vormachtstellung und Hegemonieanspruch in Europa; das Gleichgewicht der Mächte mußte anerkannt werden.
Niedergang der absoluten Monarchie (1715–89): Unter Ludwig XV. («)1715–74) erlitt F. im Österr. Erbfolgekrieg und im Siebenjährigen Krieg (1756–63) gegen Preußen schwere Niederlagen. Im Frieden von Paris (1763) mußte es seine Besitzungen in Kanada an Großbrit. abtreten. Die Staatsschulden wuchsen bis zum Tode Ludwigs XV. auf 4)Mio. Livres an. Halbherzige bzw. unzureichende Reformen Ludwigs XVI. («)1774–92) und seiner Min. scheiterten am Widerstand der Privilegierten. Mit der Berufung der Generalstände 1789 erhoffte man sich die letzte Möglichkeit, den unauflösbaren Gegensatz zw. absolutistisch-feudalist. Staat und bürgerl. Gesellschaft durch grundlegende Reformen zu beheben.
Französische Revolution (1789–99): Der Zusammenbruch der frz. Monarchie in der Französischen Revolution hatte die Schwäche absolutist. Herrschaft nicht nur in F. erwiesen; die Ideen von 1789 erschütterten in den Revolutionskriegen das europ. Staatensystem. Mit dem Staatsstreich des 18.)Brumaire (9. 11.) 1799 versuchte Napoléon Bonaparte, die revolutionären Errungenschaften für F. zu sichern.
Konsulat und 1. Kaiserreich (1799–1814): Die Änderung der Konsularverfassung 1802 brachte die Ernennung Bonapartes zum einzigen Konsul auf Lebenszeit; 1804 ließ er sich zum Kaiser der Franzosen krönen. In den Koalitionskriegen bis 1806/07 erreichte er den Gipfel seiner Macht. Aber in den folgenden Napoleon. Kriegen (1807–12) stieß die Napoleon. Fremdherrschaft auf den Widerstand der Völker und Staaten. Die Katastrophe des Russlandfeldzuges 1812, der in die europ. Befreiungskriege mündete, brachte den Zusammenbruch des Napoleon. F. und die Wiederherstellung des Königtums der Bourbonen.
Restauration und Revolution (1814–48): Die Restaurationsphase (1814–30) basierte auf der konstitutionellen Monarchie Ludwigs)XVIII. («)1814/15–24) bzw. Karls X. («)1824–30). Infolge reaktionärer Entscheidungen des Königs kam es schließlich zum Ausbruch der vom liberalen Bürgertum getragenen Julirevolution 1830. Karl X. dankte ab; der Streit zw. Bürgertum und Arbeiterschaft um eine konstitutionell-monarchist. oder republikan. Staatsform wurde mit der Wahl des ›Bürgerkönigs‹ Louis Philippe von Orléans («)1830–48) zugunsten der Monarchie entschieden. Als die von den Republikanern organisierten öffentl. Bankette für die Erweiterung des Wahlrechts im Febr. 1848 verboten wurden, brach in Paris die Februarrevolution 1848 aus. Der König dankte ab und floh nach Großbrit.; die neue Regierung proklamierte die 2.)Republik. Nachdem in allg.
und gleichen Wahlen die gemäßigten Republikaner die Mehrheit in der Kammer gewonnen hatten, wurde im Dez. 1848 Charles Louis Napoléon Bonaparte durch Volksabstimmung zum Staats-Präs. gewählt (für vier Jahre, nur einmal wählbar).
Industrieller Aufschwung und 2. Kaiserreich (1848 bis 1870): Die antiparlamentar. Zermürbungspolitik des neuen Präs. gipfelte im Staatsstreich 1851 mit Auflösung der Kammer und Massenverhaftung oppositioneller Politiker. 1852 ließ sich der ›Prinz-Präsident‹ zum Kaiser (als Napoleon III.) ausrufen und durch Volksabstimmung bestätigen; erst 1870 erfolgte der förml. Übergang zur Monarchie. Außenpolitisch führte Napoleon III. F. im Krimkrieg (1853–56) an der Seite Großbrit. aus der Isolierung, die frz. Beteiligung im italien. Einigungskrieg 1859 an der Seite Sardiniens gegen Österreich brachte mit Nizza und Savoyen auch territorialen Gewinn. Der Dt.-Frz. Krieg 1870/71, auf frz. Seite aus Furcht vor dem Verlust seiner hegemonialen Stellung entstanden, führte – nach dem Fehlschlag der mex. Expedition (1861–67) – zur Wende im polit. System. 3. Republik (1871–1940): Nachdem die Preußen Napoleon III. in Sedan gefangengenommen hatten, riefen L. Gambetta und J. Favre am 4. 9. 1870 in Paris die Republik aus, die den Kampf gegen die Deutschen fortsetzte, doch die Niederlage nicht verhindern konnte. Teils aus patriot. Protest gegen den Waffenstillstand vom Jan. 1871, teils aus sozialem Protest gegen die konservative Republik entstand die Erhebung der Pariser Kommune, schon im Mai 1871 in militär. Massaker durch Regierungstruppen wieder liquidiert. Die 3. Republik bedeutete nur verfassungspolitisch (durch Einführung des Parlamentarismus 1875) einen Bruch mit dem Kaiserreich; wirtschaftlich und gesellschaftlich stand sie im Zeichen der Kontinuität; in der Anfangsphase lag die polit. Führung bei der großbürgerl. Oberschicht mit Thiers (bis 1873, ihm folgte Mac-Mahon 1873–79). Nachdem 1876 die Republikaner die Mehrheit in der Kammer, 1879 auch im Senat erlangt hatten, trat Mac-Mahon 1879 zurück. Außenpolitisch, v.)a. in der Kolonialpolitik, gewann F. in der Folgezeit durch Expansion in N-Afrika und Indochina die 1870 verlorene Großmachtrolle und Bündnisfähigkeit wieder, geriet jedoch dadurch in offenen Gegensatz zu Großbrit., am deutlichsten in der Faschodakrise (1898/99). In den Wahlen von 1885 gelangten Monarchisten und Bonapartisten in die Nähe der absoluten Mehrheit. Mehrere große polit. Krisen zeigten die Risse, die unter der Oberfläche die frz.
Gesellschaft zerteilten: 1893 der Panamaskandal (Panamakanal ), 1894 die Dreyfusaffäre.
Von der Jh.wende bis zum Ende der 3. Republik stellte der Radikalsozialismus des mittleren Bürgertums die entscheidende polit. Kraft. Die neue Koalition wurde ab 1902 v.)a. durch die radikal antikirchl. Schulpolitik (Trennung von Staat und Kirche, 1905) zusammengehalten. Unter A. Briand und J. Caillaux prägte außenpolit. der Ggs. zu Deutschland (2. Marokkokrise, Übergang zu dreijähriger Wehrpflicht) die frz. Politik, v.)a. unter R. Poincaré als Staats-Präs. ab 1913, der als Symbolfigur des Revanchedenkens galt; diese Politik stützte sich auf das frz.-russ. Bündnis (Zweiverband) und die Entente cordiale.
Offizielles frz. Kriegsziel im 1. Weltkrieg war die Wiedergewinnung Elsaß-Lothringens; in den Versailler Friedensverhandlungen war es Clemenceau gelungen, die kontinentale Vormachtposition zurückzugewinnen; F. versuchte, ein wirtschaftl. Erstarken Deutschlands zu verhindern und eine dt. Revisionspolitik unmöglich zu machen. Im Zeichen einer rechten Kammermehrheit betrieb F. Poincaré seine Politik der ›produktiven Pfänder‹, die mit der Ruhrbesetzung 1923 ihren Höhepunkt erreichte. Die einsetzende Verständigungspolitik, v.)a. unter É. M. Herriot und A.)Briand, brachte keinen vollständigen Ausgleich des dt.-frz. Gegensatzes, da die Revisionspolitik der Weimarer Republik auf die Wiedergewinnung einer Großmachtstellung Deutschlands abzielte, was dem frz. Sicherheitsbedürfnis entgegenstand. Die Weltwirtschaftskrise verschärfte die Wirtschafts- und Finanzprobleme sowie die sozialen Spannungen und führte bei häufig wechselnden Kabinetten zu einer Dauerkrise des parlamentar. Systems. Diese Entwicklung führte im Frühjahr 1936 zu einem Wahlerfolg der aus Radikalsozialisten, Sozialisten und Kommunisten gebildeten Volksfront, deren Regierung unter L. Blum (bis 1937) weitreichende soziale Reformen durchführen konnte.
Auf die Machtergreifung Hitlers hatte die frz. Regierung mit dem Versuch reagiert, durch internat. Abmachungen und Allianzen der Offensive Deutschlands entgegenzutreten; der Remilitarisierung der Rheinlande im März 1936 durch Hitler setzte sie keinen Widerstand entgegen, konzentrierte sich auf die inneren Probleme und ließ sich – speziell im Span. Bürgerkrieg – vom Prinzip der Nichtintervention leiten. Im April 1938 tolerierte das von Daladier gebildete bürgerl. Kabinett den Anschluß Österreichs und beteiligte sich 1938 am Münchner Abkommen. Am 3. 9. 1939, nach dem Angriff der dt. Truppen auf Polen, erklärte F. gemeinsam mit Großbrit. dem Dt. Reich den Krieg. Der dt.
Offensive im Mai 1940 begegnete die frz. Armeeführung mit einer unzureichenden strateg. Konzeption. Die Regierung P. Pétain unterzeichnete im Juni 1940 die Waffenstillstandsabkommen mit Deutschland und Italien.
État Français (1940–44): Im neuen Regierungssitz Vichy übertrug das Parlament im Juli 1940 Marschall Pétain die unumschränkte Gewalt über das noch unbesetzte F., den autoritär-korporativen État Français. V.)a. aufgrund der harten dt. Besatzungspolitik sowie in Reaktion auf die Politik des Vichy-Regimes trat die frz. Widerstandsbewegung (Résistance) zunehmend in Erscheinung. Auf sie gewann General C. de Gaulle wachsenden Einfluss, dessen Londoner Aufruf zur Fortführung des Kampfes (1940) zunächst ohne wesentl. Resonanz im Mutterland geblieben war, dem sich jedoch nach und nach die Mehrheit der frz. Überseegebiete unterstellte. Die Landung der Alliierten an der Kanal- und Mittelmeerküste im Juni bzw. Aug. 1944 führte zur Befreiung F. und zum Zusammenbruch des Vichy-Regimes.
4. Republik (1944–58): Die Provisor. Regierung der Frz. Republik nahm Ende Aug. 1944 ihre Tätigkeit in Paris auf. Sie bemühte sich zunächst um gleichberechtigte Teilnahme an den Entscheidungen der Alliierten über die Zukunft Deutschlands (und Österreichs) sowie die Wiederherstellung der frz. Herrschaft in den Kolonien. Eine neugewählte verfassunggebende Versammlung erlangte für ihren Verfassungsentwurf im Okt. 1946 eine knappe Mehrheit, womit die 4.)Republik formell begründet war. 1949 schloss F. sich der NATO, 1954 der SEATO an und beteiligte sich führend an den europ. Einigungsbestrebungen. Die innenpolit. Labilität (1951–58: 12 Kabinette) und die krisenhafte Situation in den frz. Kolonien führten dazu, dass General de Gaulle im Juni 1958 die letzte Regierung der 4. Republik übernahm, die mit der Annahme der neuen Verfassung im Sept. 1958 ihr formelles Ende fand.
5. Republik (seit 1958): Die polit. Entwicklung in F. wurde bis 1969 im Wesentlichen von der Persönlichkeit de Gaulles bestimmt. Die Absicht des Generals, in der Algerienfrage 1959 mit der Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts die Assoziierung des autonomen Algerien an F. zu erreichen, führte zu scharfen Auseinandersetzungen mit den Anhängern eines ›frz. Algerien‹, schließlich zur Hinnahme der alger. Unabhängigkeit 1962. Die für F. angestrebte Großmachtrolle veranlasste de Gaulle, die Entwicklung einer eigenen frz. Atomstreitmacht (›Force de frappe‹) voranzutreiben; diesem Ziel dienten auch die (nicht völlige) Lösung von F.
aus der NATO, die langjährige Blockierung eines brit. EWG-Beitritts und die Reduzierung der europ. Einigungsbemühungen auf rein wirtschaftl. Integration. Seit Mitte der 1960er Jahre bemühte sich die frz. Außenpolitik verstärkt um eine bilaterale Annäherung an die Staaten des Ostblocks sowie um einen dt.-frz. Ausgleich. Die Reaktion auf wirtschaftl. und soziale Ungerechtigkeit im Innern gipfelte in den Maiunruhen 1968, die sich durch einen Generalstreik zu einer ernsthaften Staatskrise ausweiteten. Angesichts seines Prestigeverlusts trat de Gaulle am 28. 4. 1969 zurück. Sein Nachfolger G. Pompidou wandte sich einer Reformpolitik zu. Der polit. Machtverlust des Gaullismus hatte zur Folge, dass nach dem Tod Pompidous 1974 der Liberalkonservative V. Giscard d'Estaing zum Präs. gewählt wurde. In den Wahlen zur Nat.versammlung 1978 konnte sich die bisherige Regierungsmehrheit aus Gaullisten, Giscardisten, Zentrum und Radikalsozialisten gegenüber der v.)a. aus Sozialisten und Kommunisten gebildeten Linksunion deutlich durchsetzen. Bei den Präsidentschaftswahlen 1981 siegte der Sozialist F. Mitterrand. In den nachfolgenden Parlamentswahlen 1981 gewann die Sozialist. Partei die absolute Mehrheit; die Regierungskoalition aus Sozialisten und Kommunisten (1983/84 ausgeschieden) verfügte in der Nationalversammlung über zwei Drittel der Sitze. Nach dem Sieg der Gaullisten (RPR) und der bürgerl. Mittelparteien (UDF) bei den Parlamentswahlen 1986 sah sich Mitterrand zu einer Zusammenarbeit (›cohabitation‹) mit diesen Kräften gezwungen und ernannte J. Chirac (RPR) zum Premier-Min. (1986–88). Angesichts der Tatsache, daß Präs. und Premier-Min. – zum ersten Male in der Geschichte der 5.)Republik – gegensätzl. polit. Richtungen angehörten, bemühten sich beide, in der innenpolit. Auseinandersetzung ihre Kompetenzen als Verfassungsorgane gegeneinander abzugrenzen und verfassungspolitisch zu sichern. 1988 wurde Mitterrand erneut zum Staats-Präs. gewählt, er ernannte daraufhin M. Rocard zum Premierminister. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung 1988 verfehlten sowohl die Sozialisten als auch die in der URC (Union du Rassemblement et du Centre) vereinigten Gaullisten und bürgerl. Mittelparteien (UDF) die absolute Mehrheit. Mitterrand ernannte erneut M. Rocard zum Premier-Min., nach dessen Rücktritt im Mai 1991 Edith Cresson und im April 1992 P.)Bérégovoy. Die Parlamentswahlen vom März 1993 brachten für die Sozialisten eine erdrutschartige Niederlage; sie errangen lediglich 64 der 577 Sitze, während das Wahlbündnis der bürgerl.
Parteien (RPR, UDF) 460 Mandate gewann und mit E.)Balladur (RPR) den Premier-Min. stellte. Im Mai 1995 konnte sich bei den Präsidentschaftswahlen der frühere Premier-Min. J.)Chirac gegen E.)Balladur und L.)Jospin (PS) durchsetzen; er ernannte daraufhin A.)Juppé (RPR) zum neuen Premierminister. Aus vorgezogenen Neuwahlen im Mai 1997 ging die bisherige linke Opposition siegreich hervor; neuer Premier-Min. wurde der Vors. der Sozialisten L.)Jospin.
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