Joseph Roth Der Leviathan
Joseph Roth war ein österreichischer Schriftsteller und Journalist. Er ist in Brody (Ostgalizien) am 2.9.1894 geboren. In Wien studierte er Germanistik, absolvierte bis Kriegsende seinen Militärdienst und begann 1919 eine journalistische Tätigkeit bei der Wiener Tageszeitung Der Neue Tag. 1920 übersiedelte er nach Berlin. Er schrieb für viele namhafte linke und bürgerlich-liberale Zeitungen. Als Romancier und Novellist gehört er zu den wichtigsten Erzählern der Zwischenkriegszeit und des Exils. 1933 ging Roth ins Pariser Exil. Unerbittlich artikulierte er in verschiedenen Exilzeitschriften seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. Er plädierte für eine Wiedereinführung der Monarchie, in der Hoffnung, sie könne den drohenden „Anschluss“ noch verhindern. Er starb in Paris am 27.5.1939.
Der Leviathan
Der Leviathan ist eine von Roths ost-europäischen Erzählungen. Beim Erstdruck hatte die Novelle den Titel Der Korallenhändler. In der posthum veröffentlichten Fassung heisst die Erzählung schon Der Leviathan. Vollständig gedruckt wurde die Erzählung erst nach dem Tode des Verfassers 1940. Wie die meisten Werke Roths auch diese Erzählung ist aus Elementen drei verschiedenen Kulturen zusammengesetzt, die deutsche, die jüdische und die slawische. § deutsche Sprache und Literatur § das zweite Element ist die jüdische Kultur § die slawische Welt dient als Schauplatz für das Geschehen
Der Leviathan ist ein riesiges Tier, von Gott geschaffen und getötet, sonst hätte es alles Leben vernichtet (nach der jüdischen Überlieferung). Auch die Korallen gehören in die jüdische Überlieferung (almong = in der Bibel noch Sandelholz => erst später Koralle).
Diese jüdischen Elemente sind es ,die die Erzählung vom soziologischen Bereich in den Bereich des Mythischen transferieren. Die beide Hauptfiguren der Erzählung sind der Korallenhändler Nissen Piczenik (mit echten Korallen handelt) und sein Gegenspieler Jenö Lakatos aus Budapest (mit künstlichen Korallen handelt).
Piczenik -> ein einfacher Mann aus dem kleinen Städtchen Progrody; als Aussenseiter geschildert wegen seiner Sehnsucht nach dem Meer (Heimat der Korallen); auch seine Frau ist ihm fremd geworden; er lebt nur für seine Korallen, denen er Leben und Zauberkraft beimisst; sein Auszug aus dem stetl und sein Kontakt mit dem Wasser sind Ausdruck einer Entfremdung von seiner jüdischen Identität (er „vergisst sogar die Gebote seiner Religion“ ).
Lakatos -> Piczeniks Gegenspieler (Anhänger von Kunststoff, Technik und neue Verkaufsmethoden); er ist der Ausdruck einer neuen Zivilisation; er wird als „Teufel“ bezeichnet; er hat keine persönliche Beziehungen zu den Korallen er nimmt sie nur als Handelsware.
Auf dem ersten Blick scheint es eine Geschichte des verwirklichten Glücks zu sein, weil Piczenik am Ende doch zum Meer kommt (sein Traum geht in Erfüllung) und mit dem Schiff „Phönix“ nach Kanada fahren will, doch der geht mit ihm unter -> und doch ist der „Messias“ noch nicht gekommen -> Piczenik ist nicht einfach ertrunken, sondern er begeht Selbstmord („ .. bevor die Rettungsboote gefüllt waren, über Bord stürzte zu seinen Korallen, zu seinen echten Korallen.“). Mit der „Phönix“ geht auch die alte Ordnung dieser Welt unter, aber noch im Untergang behauptet sich diese Ordnung als Postulat. Sie erscheint dem Korallenhändler als „einzige Heimat“, für die er sein Leben gibt.
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